26.08.07

Theatrales Arbeiten - (k)eine Methode?

Theatrales Arbeiten ist keine Methode, theatrales Arbeiten ist ein Standpunkt.
Und diesen möchte ich heute einmal deutlich und streitbar vertreten:

Ihrer Herkunft nach ist die Theaterpädagogik der Sozialpädagogik verwand und verschwägert. Das ist auch heute noch insofern richtig, als dass sie in den klassischen Feldern der Sozialpädagogik (Kompetenztraining, Erwachsenenbildung, Randgruppen- und Brennpunktarbeit sowie Prävention) zur Anwendung kommt.
Und damit ist das Problem, an dem ich mich aufhängen möchte auch schon benannt.
Theater kommt zur Anwendung!
Wie arm muss ein Theater sein, das sich anwenden lassen muss, als ob es aus sich heraus nicht die Kraft besäße, wirksam zu sein.
Und zwar auch in klassischen Feldern der Sozialpädagogik.
Brecht folgend und aus historischen Gründen muss man dem Theater ohnehin einen erzieherischen und bildenden Auftrag anerkennen.

Ja.
Und auch nein.


Denn Theater muss, wie jede andere Kunst, auch für sich stehen können; nicht didaktisch oder funktional gemeint sein und auch ohne Impetus den Zuschauer berühren.
Wenn Theater nur noch zum methodischen Träger wird, ist es aus der Welt gefallen in der es zu Hause ist.
Es verliert seine Identität als vielschichtiges, kommunikatives, am Ort und in der Zeit inspiriertes vergängliches Ereignis.
Dem würde Brecht sicherlich nicht widersprechen, lässt sich doch an vielen seiner Aussagen ("Was juckt mich mein Geschwätz von gestern") nachvollziehen, dass er eine künstlerische Sicht auf das Theater immer vorausgesetzt hat.
Und hier scheiden sich die Wege der Sozialpädagogik und des Theaters - genau an diesem Punkt, wo sich einst lautere Absichten mit dem Wesentlichen des Theaters paarten.
Der künstlerische Blick muss auch und gerade in der Theaterpädagogik hoch gehalten werden.

Zwar vertrete ich die Ansicht, dass in der Gestaltung des Prozesses und dem, was zwischen Teilnehmern und Theaterpädagoge stattfindet wesentliche künstlerische Kriterien anzutreffen sind, aber ich meine ebenso, dass diese nicht per se anwesend sind und es sehr wohl einen Unterschied gibt zwischen dem, was in anderen pädagogischen Feldern an Kunstfertigkeit zum Tragen kommt, und der künstlerischen Prozesse, die in theatraler Arbeit in Bewegung gebracht werden.

Nun, da sich die Theaterpädagogik in eigenen Ausbildungen und der mittlerweile etwa fünften Generation von Theaterpädagogen ein eigenes Feld erobert hat, verspüre ich das große Bedürfnis, Unterscheidungen anzuregen zwischen dem, was an theatralen Methoden zur Anwendung kommt
und dem, was als theatraler Prozess statt finden kann.
Das kann Hand in Hand gehen.
Muss aber nicht.
Tut es oft auch nicht.
Wenn Theater zur Anwendung kommt, dann ist das in meinem hier vertretenen Sinne keine theatrale Arbeit, sondern der Rückgriff auf einen Pool an Methoden.
Probat.
Aber nicht theatral.

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