22.07.08

Frage: Ist Theaterpädagogik mehr Therapie als Kunst?


Wer eine Therapie wünscht, der geht zum Therapeuten und wer Theater (spielen) möchte der geht zum Theater (pädagogen), da gibt es kein Vertun. Zwar sagt man vom Theater-Spielen ganz richtig dass "Ausdruck heilt", das würde ich aber eher unter dem Aspekt des Gesund-Bleibens als dem des Gesund-Werdens verstehen.

Es ist ein Prinzip der Theaterpädagogik, Erfahrungsfelder zu generieren, die es den Teilnehmern erlauben in Begegnung mit sich selbst, Eigenheiten, Stärken, Ansichten, Denkmustern etc. zu kommen. Immer mit dem Ziel des künstlerischen Ausdrucks und der Mitteilung. Dass man dabei etwas lernen und u.U. Impulse und Perspektiven zur Veränderung finden kann, liegt auf der Hand.

Im Gegensatz zur Therapie ist die Fragestellung der Arbeit aber nicht: "Warum bin ich so, ist das gut so, wie kann ich etwas ändern", sondern es geht darum, mit seiner Person einen Ausdruck zu finden, evtl. persönliches in eine Stoffentwicklung einfließen zu lassen und vorhandene Stärken und Eigenheiten in der Darstellung zu nutzen. 
Alles persönliche bekommt so eine Richtung ins allgemein Gültige. Und das ist ja ein Prinzip der Kunst. Dass der Künstler aus seinem Innern schöpft und "was er findet" dann in einer bestimmten (künstlerischen) Form nach Außen transportiert.

Eine Therapie hingegen beinhaltet ja meist den Wunsch nach Veränderung, das aktive Hinsehen auf und Hinterfragen des Ist-Zustandes sowie die Entwicklung von Perspektiven und Verständnismodellen.
Dies kann durch theatrale Methoden angeregt werden und ein Stück weit auch in einem theaterpädagogischen Prozess geschehen, verbleibt aber in der Hand der Teilnehmer.
Wenn sich aus solchen Erfahrungen akuter Beratungsbedarf ergibt, dann sollte immer ein therapeutisch versierter Gesprächspartner aufgesucht werden.
Eine Verbindung beider Elemente findet man in der Theatertherapie.


Matthias Winter, Theaterpädagogik

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